Die Aphrodite von Milos
Als Venus von Milo gelangte sie zu Weltruhm - die Aphrodite von Melos (oder neuer Schreibweise Milos). Mit der Aphrodite ist es leider so, wie mit vielen anderen Artefakten. Franzosen sind auch nur Menschen und Rückgabe vor Entschädigung ist eine deutsch-deutsche Regelung für Immobilien. Deswegen kann man die Skulptur heutzutage im Louvre bewundern. Seis drum. Verglichen mit den Briten sind die Franzosen immer noch harmlos. Jeder, der schon einmal im Museum der Diebe, äh British Museum war, wird es bestätigen. Doch ich will nicht lamentieren. Kommen wir zum Thema: Aphrodite.
Aphrodite ist die griechische Göttin der Liebe und der weiblichen Schönheit. In ihrer Figur verschmelzen indogermanisch-hellenische, ägäisch-kleinasiatische und semitisch-orientalische Bestandteile. Bei Homer ist sie die Tochter von Zeus und Dione, einer alten indogermanischen Himmelsgöttin. "Die das Lächeln liebt" ist bei Homer die Herrin der Chariten. Sie ist zart und unkriegerisch. Mit ihr verbunden sind Anmut, Schönheit und Verführung.
In der Legende ist Aphrodite fremstämmig. Im Trojanischen Krieg ergreift sie Partei für die Trojaner. Im Parisurteil wurde ihr die Trophäe verliehen. Nun hält sie zum Priamiden Paris und natürlich ihrem Sohn Aeneas. Diese Parteinahme bezeichnet die geographischen Schwerpunkte ihres Ursprungs, die mittelmeerischen Inseln und die kleinasiatische Küste.Verheiratet ist sie mit Hephaistos, eine Affäre hat sie mit Ares. Viel stärker könnte der Kontrast nicht sein.
Die Anmutige und Schöne liiert mit dem hinkenden Schmied, der in Schmutz, Lärm undHitze lebt, ein tête-a-tête ausgerechnet mit dem Kriegsgott, Symbol für Gewalt und Tod ... Typisch griechisch - Gegensätze ziehen sich an.
Den genauen Ursprung der Aphrodite zu erfahren, ist ein schwieriges Unterfangen. Zu verschieden sind die Konnotationen. So gibt es die Uranosentsprungene genauso wie die Zeustochter. Sie gilt als Nachfolgerin der minoischen Taubenherrin, die als Schenkerin vegetarischen und animalischen Lebens über die Tier- und Pflanzenwelt gebot, als "Herrin des Labyrinths", als sterbende Göttin auf Cypros. Aus dem Erbejener Omnipotenz erklärt sich wohl auch jenes merkwürdige Phänomen der Zweigeschlechtlichkeit, dass seinen Ausdruck in den Hermaphroditen findet. Trotz ihrer Beziehung zum chtonischen Bereich (der Erde zugehörend) bringt sie,obwohl ihre uranische Wesenheit eine Funktion als Seegöttin ausschließt, heiteren Himmel, Sturmstille und sichere Fahrt den Seeleuten. Ihrumfängliches Erbe, ihre omnipotente Wesenheit führen schon sehr früh zur hymnischen Aufhöhung Aphrodites in der tragischen Dichtung und der vorsokratischen Philosophie.
In der Darstellung, der Plastik, erscheint uns Aphrodite als "die Schöne". Drei Beispiele, die stilistisch zusammen gehören, möchte ich hier vorstellen. Es ist die Aphrodite von Melos, die Wiener Aphrodite und die Aphrodite von Knidos. Wie es der Titel dieser Seite vermuten läßt, geht es natürlich im Kern um die Aphrodite von Melos (Venus von Milo).
Die Aphrodite von Melos
Die Plastik datiert vermutlich ins Ende des 2. Jahrhunderts v.Chr. Sie wurde 1820 auf Milos gefunden. Ein Franzose, Marquis de Riviere, kaufte seinerzeit die Statue und schenkte sie König Louis XVIII. Der schenkte sie 1821 dem Museum. Im Louvre ist sie heute zu bewundern.Die Skulptur ist fragmentarisch erhalten. Beide Arme fehlen. Abgesehen von einigen Abstoßungen ist sie ansonsten in einem hervorragenden Zustand. Nach relativ einhelliger Meinung stellt die Szene Aphrodite nach dem Bade dar, wie sie sich auf das Parisurteil vorbereitet. Vermutlich betrachtet sie sich in der blanken Rückseite eines Schildes. Daß es sich dabei um den Schild des Kriegsgottes Ares handelt, ist eine Vermutung, dsie keiner weiteren Begründung bedarf. Auch der Schild ist verloren. Die Statue besteht aus Marmor. Sie ist mit einer Höhe von 2,04 m überlebensgroß. Aphrodite steht auf dem rechten Bein. Das linke ist angewinkelt. Auf ihm könnte ein Schild abgestellt gewesen sein. Um die Hüften drapiert sie locker ein Gewand. Wie unachtsam trägt sie dieses, dass es in der Rückansicht mehr entblößt als verhüllt.
Eine S-Kurve durchzieht die ganze Figur. Das Gewand hält den Körper im Gleichgewicht. Der Oberkörper ist leicht zurückgebogen, während die Arme weit ausgreifen. Es ist dies die hellenistische Auffassung des Kontrapost zweier sich gegenseitig im Gleichgewicht haltender Bewegungen. Zusammengehalten wird diese Komposition durch Beine und Gewand, die eine Art Sockel bilden. Das Prinzip der "Neuen Auffassung" ist im 4. Jahrhundert von Lysipp entwickelt worden. Im Vergleich zeigt sich, dass das Becken etwas breiter dargestellt ist, als es natürliche menschliche Proportionen und klassische Normen vorschreiben. Es könnte dies eine Rücksichtnahme auf den Aufstellungsort der Staue sein. Entscheidend ist die Lichtführung des Platzes. Die dem Licht abgewandte Seite ist breiter ausgeführt. So birgt die Aphrodite, mit dem Anspruch der körperlichen Vollkommenheit, insgeheim einen kleinen Widerspruch. Die schon erwähnte S-Kurve, die den ganzen Körper durchzieht, geht auf Praxiteles zurück. Praxiteles gilt als Schöpfer der knidischen Aphrodite. Diese Skulptur aus der Mitte des vierten Jahrhunderts gilt als älteste lebensgroße Darstellung eines weiblichen Aktes in der abendländischen Kunst. Gemessen an anderen inventiones ist der weibliche Akt eine relativ späte Entwicklung in der griechischen Kunst. Überlebt haben die meisten der Darstellungen nur in Form römischer Kopien. Doch auch diese versprühen noch den Zauber des Originals. Viele Jahrhunderte dienten sie Akademieschülern als Ersatz für lebende Modelle. So manche Anekdote verbindet sich mit den antiken griechischen Plastiken und den Künstlern und Modellen jener Tage. Eine handelt von Apelles, dem Hofmaler Alexanders des Großen. Er sollte einen Akt der Geliebten des Königs malen. Leider verliebte sich der Künstler Hals über Kopf in das Modell. So teilte er dem König mit, dass er sein Bild erst vollenden könne, wenn dieser ihm die Geliebte überlasse. Das Bild wurde fertig und es ist zu vermuten, dass Alexander adäquaten Ersatz fand. Doch das ist eine ganz andere Geschichte.
Griechische Kunst
Seit den Schriften Winckelmanns und Lessings "Laokoon", einer kunstästhetischen Abhandlung über die vatikanische Gruppe, erfreut sich die Plastik besonderer Beliebtheit. Davor hatte man sich eher mit Schriftquellen und Architektur beschäftigt.
Winckelmanns Werk markiert die Geburtsstunde der Klassischen Archäologie. Diese setzt sich mit ihrem Schwerpunkt, der Kunst, eindeutig von der Klassischen Philologie ab und ist mittlerweile eine eigene wissenshaftliche Disziplin. Die Plastik hat sich zur wichtigsten Kunstgattung erhoben. Das liegt zweifellos u.a. daran, dass verhältnismäßig viele Skulpturen bis in heutige Zeit überliefert sind und sei es als römische Kopie. Doch auch den Griechen selbst, war die Plastik mehr Wert, als andere Gattungen z.B. die Vasenmalerei. So galt in der Vasenmalerei der Töpfer als der Künstler. Die eigentlichen Maler gerieten in Vergessenheit. Die "großen Künstler" jener Tage waren die Bildhauer. Männern wie Phidias, Skopas und Praxiteles wurden alle Ehren zuteil.
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