Der Bau der Akropolis
Der Einfachheit halber verwende ich von hier an den Namen Perikles synonym mit "von der Athener Volksversammlung autorisiert, gegengezeichnet, getragen und in Auftrag gegeben". Sonst wird es zu kompliziert. Honecker war schließlich auch Staatsratsvorsitzender, Generalsekretär des Zentralkomitees der SED und Vorsitzender des Nationalen Verteidigungsrats und trotzdem nannten ihn alle bloß Erich. Immer noch besser als "Der Dicke" schätze ich.
Perikles wurde allem Anschein nach die Verantwortung für den Bau der Athener Akropolis übertragen. In der Antike war es durchaus üblich, dass ein Bauherr und Architekt für eventuelles Versagen persönlich haftbar gemacht wurde. Es war also nicht wie heute. Perikles hatte sich da einiges ans Bein gebunden.
Offensichtlich wollte er kein Risiko eingehen und verpflichtete prominente Namen. Dem großen Phidias wurde die Bauaufsicht übertragen. Mit Iktinos und Kallikrates gewann man zudem zwei Stararchitekten, die sich um die Gebäude kümmerten. Phidias war ja eher Künstler und entsprechend kümmerte er sich in erster Linie um die bildhauerischen Arbeiten. Immerhin soll er auf die Idee gekommen sein, dass sich die Säulen nach oben hin verjüngen sollten, um den Eindruck sie seien wesentlich länger, als sie tatsächlich sind. Es funktioniert sogar.
Der Parthenon
Das zentrale Heiligtum der Akropolis ist der berühmte Parthenon. Er ist das bekannte Gesicht der gesamten Anlage. Es ist der Tempel zur Ehre der Stadtgöttin Athene und diente gleichzeitig auch als Schatzkammer. Die Reichtümer war dabei nicht zwingend in Kisten gelagert, sondern die Statue der Göttin selbst war der Schatz. Sie bestand aus wertvollen Materialen und diese konnten bei Bedarf einfach abgenommen werden. Da dachte der Grieche also eher pragmatisch.
Baubeginn war 447 v.Chr. Während der eigentlich Temple 337 v.Chr. fertig gestellt war, dauerte es bis zur endgültigen Vollendung noch etwas länger. Der Bauschmuck war extrem aufwändig und so die Arbeiten wohl erst um 433 v.Chr. endgültig abgeschlossen. Der Aufwand hat sich gelohnt, wie wir heute wissen.
Der Parthenon ruht auf einer 30,86 × 69,51 Meter großen dreistufigen Plattform (Krepis). Die Cella (der Innenraum) war immer noch knapp 30 Meter lang und 19 Meter breit. Der äußere Ring wurde durch Säulen dorischer Ordnung gebildet, jeweils acht vorn und hinten und 17 an den Seiten. Vorn und hinten kam noch einmal eine zweite Reihe mit jeweils sechs Säulen hinzu. In der Cella gab es einen weiteren Säulenumgang, im abgetrennten, hinteren Teil der Cella standen noch einmal vier, diesmal allerdings ionische Säulen. Welche Funktion dieser Raum ursprünglich hatte, scheint unklar. Im vierten Jahrhundert diente er dann als Schatzraum im eigentlichen Sinne.
Säulen gab es also reichlich.
Fixpunkt und Herz der Anlage war das große Standbild er Athene. Phidias selbst legte hier Hand an. Wenn man den erhaltenen Repliken Glauben schenken darf, war sie abgrundtief hässlich und hatte aber auch überhaupt gar nichts mit der schlichten Eleganz zu tun, die wir an klassischen Bildstatuen sonst schätzen. Sie war überladen, protzig und auch sonst all das, was man späteren Kunstwerken sonst gerne vorwirft. Wie schon erwähnt war ihre ursprüngliche Funktion aber auch weniger Statue sondern eher Wertanlage.
Das vom heutigen Standpunkt aus gesehene Highlight des Baus war aber auch nicht die Athena Statue sondern der Bauschmuck. An den Giebeln vorn und hinten wurden prachtvolle Friese angebracht, die sich an den Seiten fortsetzten. Abgebildet war der alljährliche Umzug zu Ehren der Stadtgöttin, das Hauptmotiv vorn war die Übergabe der Peplos (ein Gewand) an dieselbe.
Zu dem Fries kamen 92 Metopenreliefs. Als Metopen bezeichnet man den freien Raum zwischen zwei Triglyphen. Die Erläuterung trägt nun sicher nicht zum besseren Verständnis bei, der Einfachheit halber beschriebe ich Metopen deswegen einfach mal als rechteckige, freie Flächen die von etwas anderem eingerahmt sind. Diese Metopen sind ein für Experten und Laien die eigentlichen Highlights des Baus.
Sie zeigen mythischen Szenen aus der griechischen Folklore. Auf der Südseite ist das die Schlacht zwischen Lapithen und Kentauren, im Osten schlagen sich Götter und Giganten, auf der Westseite der Kampf der Griechen gegen die Amazonen und im Norden Szenen aus dem Trojanischen Krieg.
Da das immer noch nicht genug war, kam dazu die aufwändige Gestaltung der Giebel. Die boten schließlich viel Platz. Die Figuren dort waren teils überlebensgroß und - das denkt man oft nicht - freistehend. Der Ostgiebel thematisierte die Geburt der Athene, im Westen streitet sie mit Poseidon um Attika. Die Westansicht war, was der Besucher zu Gesicht bekam, betrat er die Anlage durch die Propyläen.
Wie sehr bemalt der Parthenon war, lässt sich nicht genau eruieren. In der Antike war Farbe allerdings schick. Was wir heute so weiß und aristokratisch dezent in Museen als klassische Statue kennen, war ursprünglich knalle bunt. Ob wir von einem klassischen Schönheitsideal sprechen würden, hätte auch die Farbe die Zeiten überdauert, wage ich zumindest zu bezweifeln.
Die Reste des Bauschmucks kann man übrigens im British Museum in London bewundern. Lord Elgin nutze eine etwas schwammig formulierte Erlaubnis, Skulpturen abzumontieren um Kopien zu erstellen oder den Blick frei zu geben so, dass er alles klaute, was nicht niet- und nagelfest war. Der Streit darüber dauert bis heute an.
Die Propyläen
Obwohl dem heutigen Betrachter der Parthenon als das Hauptmonument erscheint, waren es in Wahrheit Propyläen des Mnesikles, also quasi der Eingang zu der Anlage, die das Projekt an den Rand des Scheiterns brachten. Vermutlich wurden sie nie fertig gestellt, die Experten streiten allerdings, ob es Bug oder Feature ist (um es mal mit einem modernen Begriff zu beschreiben).
Mnesikles war ein zuvor eher unbekannter Architekt, bei dem Torbau schöpfte er jedoch aus dem Vollen. Der Parthenon war zu dem Zeitpunkt schon fertig gestellt und offenbar war noch viel Geld übrig. Das Bauwerk gilt als der vielleicht aufwändigste (sprich teuerste) Bau jener Zeit. Dafür wurde er zu einer Art Stilikone, das Konzept immer wieder aufgegriffen. Das in Deutschland wohl bekannteste, von den Propyläen inspirierte Bauwerk ist das Brandenburger Tor. Hätten wir das auch geklärt.
Den Propyläen könnte man ein ganzes Kapitel widmen. Da sie in der Hauptsache für Fachleute interessant sind, halte ich mich aber eher kurz. Der eigentliche Witz an dem Konzept des Tores ist, dass hier zwei Baustile in einem Objekt vereint wurden. Auf der einen Seite sind sie dorisch, auf der anderen ionisch. Das ist clever und fast schon panhellenisch. Damit war Mnesikles seiner Zeit weit voraus.
Das für den Laien bestechendste Feature ist wohl eher ihre Massigkeit. Was dort an Material verbaut wurde, um einen standesgemäßen Eingang zum Komplex zu bauen, ist fast schon erschreckend. Die Materialrechnung muss sagenhaft gewesen sein. Verbaut wurden pentelischer und eleusinischer Marmor.
Genial war der Einfall, Eisenträger zu verbauen, um die zum Teil gewagte Konstruktion zu stabilisieren und Material zu sparen. (Man mag es kaum glauben.) Das Resultat war jedoch beeindruckend. Besonders die Kassettendecke galt als einmalig und bis ins zweite Jahrhundert unerreicht.
Der Niketempel im Südwesten des der Akropolis ist eigentlich eher unscheinbar. Neben den gewaltigen Propyläen, den Parthenon vor Augen geht er etwas unter. Der Niketempel hat allerdings eine lange Tradition auf der Akropolis. Schon vor der Erweiterung der Akropolis gab es an dieser Ecke einen Vorläuferbau.
Der Tempel ist mit Außenmaßen von 5,4 x 8,27 Metern deutlich kleiner als die anderen. Vorn und hinter der Cella standen vier, in diesem Fall ionische Säulen. Auch hier gab es Friese, auf denen es eher martialisch zuging. Die Griechen waren halt keine Blumenkinder. Krieg war Teil des Kalenders.
Als kleiner Besonderheit war der Tempel auf drei Seiten von einer halbhohen Balustrade umgeben, die ebenfalls aufwändig verziert war. Die hier dargestellten Niken und Athenen zählen zum Feinsten, was in dieser Hinsicht jemals geschaffen wurde.
Im Tempel selbst stand eine Kultstatue aus Holz, die Athena mit einem Granatapfel in der einen Hand und einem Helm in der anderen zeigte.
Das Ende des Tempels kam übrigens 1687. Die im 17. Jahrhundert regierenden Osmanen schätzten ihn zwar lange als sicheres und vor allem trockenes Plätzchen und nutzten ihn entsprechend als Pulvermagazin, doch dann verwendeten sie das Material doch lieber für die Verstärkung der Akropolis als Festung. Immerhin strahlt er seit 2010 wieder in halbwegs originalem Glanz, soweit man diesen aus Bauschutt rekonstruieren kann jedenfalls.
Das Erechtheion ist eine vergleichsweise späte Zugabe zum Gesamtensemble und soll daher nicht berücksichtigt werden. Schick ist es allerdings. Die von sechs Säulen in Form vom Mädchen (Koren) getragene Vorhalle ist ein echter Hingucker.
Mit dieser kurzen Übersicht haben wir die Akropolis zwar nicht ganz abgedeckt, aber immerhin die wichtigsten Monumente. Die meisten Leuten meinen mit Weltwunder ja ohnehin nur den Parthenon.