Die Akropolis in Athen
Es gibt nur wenige Bauwerke in der Geschichte der Menschheit, die einen ähnlich hohen Wiedererkennungswert haben wie die Athener Akropolis. Zumindest im - nennen wir es mal - Okzident steht sie sinnbildlich für einen einsamen Höhepunkt in der abendländischen Kulturgeschichte. Auch wenn vieles an unserem Bild der klassischen Antike romantisch verklärt ist, bleibt doch festzuhalten, dass die Griechen auf dem Höhepunkt ihrer zivilisatorischen Kraft Werke geschaffen haben, die uns auch 2500 Jahre später noch prägen und berühren.
Die Akropolis mag in natura etwas unscheinbar wirken, doch das trügt. Auch wenn das den Unterstützern und Fans dieses Bauwerkes nicht bewusst sein mag, die Akropolis war nicht nur ein gewaltiger Kraftakt, sie ist auch eine technische Meisterleistung. In der ursprünglichen Definition des Weltwunders, herausragende Leistung auf einem Gebiet, wäre sie sicher einer der würdigsten für den Titel gewesen.
Und wenn wir mit diesem Artikel eins erreichen wollen, dann das die Akropolis nicht nur aus dem Parthenon besteht!
Vorweg sollten wir vielleicht also erst einmal ein paar Definitionen klären. In der griechischen Welt ist eine Akropolis die befestigte Burg auf dem höchsten Punkt der Stadt. Das Wort übersetzt mein Oberstadt. Meist besteht die Akropolis nicht nur aus einer Wehranlage sondern hat auch eine Kultstätte. Im Laufe der Zeit verschob sich das Gewicht immer mehr hin zur Kultstätte obwohl der Wehraspekt nie wirklich aufgegeben wurde. Zu jeder griechischen Stadt (Polis) gehört per Definition auch eine Akropolis.
Wenn wir uns heute auf die Athener Akropolis beziehen, meinen wir das Gesamtkunstwerk aus mehreren Gebäuden auf dem Gipfel des höchsten Stadthügels im Zentrum der Altstadt. Das Ensemble besteht im Wesentlichen aus Propyläen, Erechtheion, Niketempel und natürlich dem Parthenon.
In der Mitte des 5. Jahrhunderts war die Athener Demokratie auf dem Höhepunkt ihrer Macht. Man hatte, gemeinsam mit dem Erzfeind Sparta, die übermächtigen Perser besiegt. Auf dem griechischen Festland konnte Athen niemand das Wasser reichen und man war die dominierende Supermacht zur See. Dank der Sonderrolle im attischen Seebund war die Stadt zudem so vermögend, dass sie nicht wusste wohin mit den ganzen Reichtümern. In so einer Position muss man erst einmal sein. Da kommt man auch auf Ideen.
Bevor wir uns dem Bau an sich zuwenden vielleicht ein kurzer historischer Exkurs. Der ist in diesem Zusammenhang nicht unwichtig und man liest viel Falsches darüber: Während der Perserkriege war der Vorgänger der Athener Akropolis (wie auch große Teile der Stadt) zerstört worden. Im Jahre 480 v.Chr. hatten die Athener den anrückenden Persern ein - in der Retrospektive sogar kriegsentscheidendes - Schnippchen geschlagen. Statt sich dem übermächtigen Feind auf dem Schlachtfeld zu stellen, gab man kurzerhand die Stadt auf und zog sich auf die Schiffe zurück. Das war ein taktisch kluger und für die Perser völlig unerwarteter Schachzug. Frustriert tobte sich das Heer von Xerxes in der Stadt aus. Dabei wurden unter anderem auch die Tempel geschleift. Damit hatte man für den Moment zwar sein Mütchen gekühlt, es half nur nichts. In der darauf folgenden Seeschlacht bei Salamis erlebten die Perser ein Debakel. Es war der Anfang vom Ende und das kam noch wesentlich dicker, als man es sich jemals hätte vorstellen können.
150 Jahre später nämlich diente die Zerstörung der Tempel einem jungen König namens Alexander als Ausrede, um das persische Großreich anzugreifen und "Vergeltung" zu üben im Namen der Athener. Und die waren ganz begeistert vom der Idee. Zum einen bestand die Chance, den Persern eins überzubraten, vor allem aber wurden die Athener den unbequemen Makedonenkönig los. Win - Win!
Für sie war er kaum mehr als der über-ambitionierte Sohn Philipps II., dem Eroberer von Griechenland. Mit etwas Glück würde er nicht nur hingehen, wo der Pfeffer wächst, sondern auch gleich dort bleiben. Dass er die Perser tatsächlich besiegen und das komplette Großreich stürzen würde, erwartete zu dem Zeitpunkt sicher niemand, aber so kann es manchmal gehen. Nach Athen kehrte Alexander in der Tat nie zurück. So gesehen ging die Rechnung der Athener sogar auf. Sie hatten sich das Ganze vermutlich anders vorgestellt, doch es hätte deutlich schlechter laufen können. Für die Perser schloss sich damit allerdings ein Kreis, von dem sie wohl noch nicht einmal wussten, dass sie ihn angefangen hatten zu zeichnen.
Doch zurück zum Thema: Die Athener Akropolis.
Wie wir festgestellt haben, hatten die Athener nach dem endgültigen Sieg in den Perserkriegen viel Geld, nicht übertrieben viel zu tun und keine Akropolis. Das brachte die lokale Politprominenz auf eine Idee. Eine neue Akropolis musste her.
Verbunden ist, was nun folgte, mit dem Namen Perikles'. Mit diesem Fehlurteil müssen wir uns kurz beschäftigen. Nun lässt sich zwar nicht ganz genau nachvollziehen, wer welche Aktien an der Formulierung des Plans hatte, mit Sicherheit können wir aber festhalten, dass in der politischen Landschaft Athens kein Mann allein eine solche Baumaßnahme beschließen konnte. Das ist ein sicherer Fakt in diesem Zusammenhang und einer der wenigen!
Es könnte sein, dass der vorzügliche Redner Perikles die Athener für ein ambitioniertes Großprojekt begeistern konnte, für die Idee das Gold der Verbündeten in einen Prachtbau zu investieren, wie ihn die Welt bis dato noch nicht gesehen hatte.
Und vermutlich war es auch Perikles, der sich dazu nicht nur beauftragen sondern auch freie Hand geben ließ und - ausgestattet mit allen Vollmachten - die Creme de la Creme der Architekturszene anheuerte, allen voran den vielleicht bedeutendsten Architekturstar seiner Zeit: Phidias. Der kommt euch bekannt vor? Zu Recht; es ist derselbe Phidias, der später das antike Weltwunder Zeus von Olympia kreierte.
Ohne zu tief in die politische Struktur Athens eintauchen zu wollen, sei noch aber einmal darauf hingewiesen, dass, obwohl häufig in der Fachliteratur so kolportiert, ABSOLUT NIEMAND in Athen etwas befehlen konnte, ohne eine Mehrheit der Volksversammlung hinter sich zu vereinen.
Athen war eine Demokratie in ihrer reinsten Form. Wer denkt, dass ein Strategos Perikles (einer von zehn gleichberechtigten Strategen im politischen Gefüge der Stadt) sich über die Regeln hinwegsetzen konnte und den Bau der Athener Akropolis einfach beschließen, verkennt die politische Realität im Athen des 5. Jahrhunderts. Es gab mit einiger Sicherheit einen Konsens in der Stadt, dass man sehr viel Geld in ein Projekt zum Ruhme Athens investieren wollte.
Es ist auch absolut nachvollziehbar, warum ein solches Projekt Begeisterung hervorrufen würde. Der Bau kostete den gemeinen Athener kein eigenes Geld, man bekam endlich wieder eine Akropolis, die den Namen verdient, und nicht zuletzt war das Ganze eine Arbeitsbeschaffungsmaßnahme von schon fast epischem Ausmaß. Bis dahin war die Flotte der Hauptarbeitgeber für arme Athener und dass es auf einer Triere (antikes Kriegsschiff) wenig zu lachen gibt, könnte man zumindest annehmen.
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- Der Bau der Akropolis