Chichén
Itzá
Die ehemalige Hauptstadt der Maya ist eines der Wahrzeichen Mexikos
und der wohl bedeutendste archäologische Fundplatz auf der
an Sensationen nun wahrlich nicht armen Yucatán Halbinsel.
Die Stadt befindet sich in etwa 120 Kilometern Entfernung von Merida,
der Ort ist bekannt und gerühmt für seine Hängematten.
Eine Notiz im sogenannten Manuskript von Chumayel datiert die Gründung
der Stadt in die Jahre zwischen 435 und 455, allerdings ist dieses
Datum nicht ganz unstrittig. Wir gehen allgemein davon aus, dass
Chichen Itza eine Gründung des sechsten Jahrhunderts ist.
Die
Könige des Waldes
Die Maya waren die unumschränkten Herren der Halbinsel Yucatán.
Scheinbar überall im undurchdringlichen Grün des Urwaldes
findet man ihre Spuren. Sie schlürften Kakao, beobachteten
die Sterne, rauchten dicke Zigarren, spielten Ball, hielten Zwiesprache
mit den Göttern und nicht zuletzt führten sie Krieg. Lange
Zeit hatte man diesen Aspekt unterschätzt.
Ganz
im Gegensatz zu den blutrünstigen Azteken galten die Maya als
friedliche Blumenkinder. Es zeichnet sich immer mehr ab, dass dem
ganz und gar nicht so war. Krieg war geradezu eine Obsession für
die Maya und nicht zuletzt wohl einer der Gründe, warum sie
untergingen. Abschließend ist die Frage nicht geklärt,
doch es deutet vieles darauf hin.
Ihre Blütezeit lag zwischen 300 und 900 nach Christus, das
Zentrum ihrer Kultur lag auf Yucatán im heutigen Mexiko.
Sie errichteten gewaltige Tempel und Paläste, auch wenn sie
heute größtenteils in Trümmern liegen, sind sie
doch beredte Zeugen ihrer Meisterschaft. Mindestens 50 Stadtstaaten
gab es auf im Reich der Maya und alle haben sie sich gehasst. Die
Maya entwickelten eine fast krankhafte Lust auf Auseinandersetzungen.
Die
beiden großen Rivalen waren Tikal und Calakmul, das "Königreich
der Schlange". Oft wurden Sie verglichen mit Russland und den
USA im Kalten Krieg. Die Häuptlinge von Calakmul hatten Namen
wie "Erster Axtschwinger" und "Gerollte Schlange".
Durch Selbstverstümmelung versetzten sie sich in eine Art Trance.
Sie stießen das Tor zum Jenseits auf, um Kontakt mit ihren
Ahnen aufzunehmen.
Am
Ende war es Tikal, dass sich durchsetzte. Nach zahlreichen, blutrünstigen
Schlachten war es endlich soweit. Im Jahre 695 erlitt Calakmul eine
vernichtende Niederlage. Häuptling Jaguartatze fiel in die
Hände der Feinde und wurde grausam hingerichtet. Tikal war
unumschränkter Herrscher im Maya Reich, aber es war eine Art
Götterdämmerung. Der große Sieg markiert zugleich
auch den Anfang vom Ende. Aus immer noch nicht restlos geklärter
Ursache, versank das Kernland auf Yucatan im Chaos. Zwar entstanden
an der Peripherie neue Zentren, die große Zeit der Maya neigte
sich jedoch dem Ende entgegen.
Chichén
Itzá
Pyramide
des Kukulcán
(El Castillo), Fotograf: Christian Maier 30. Oktober 2003
Der Name ist abgeleitet von den drei Begriffen Chi, Chén
und Itza. Übersetzt bedeutet er soviel wie Der
Mund des Brunnens der Itza. Dabei dürfte der Mund eine
Anspielung auf die zwei großen Cenoten sein, um die herum
die Stadt angelegt wurde. Der Begriff mag nicht jedem geläufig
sein, in Anbetracht der Bedeutung dieser Brunnen, sie waren ein
nie versiegender Quell von Frischwasser, schauen wir Sie uns gleich
etwas genauer an.
Cenoten
Unter dem Begriff versteht man - ganz allgemein gesprochen - Yucatáns
System von Süßwasserhöhlen. Für die Maya waren
die Höhlen der Eingang zur Unterwelt. In den dunklen, unendlichen
Weiten dieses unterirdischen Flusssystems wähnten sie den Wohnort
des ihres bekanntermaßen übellaunigen Regengottes. Die
Höhlen (Cenoten) sind dabei die Verbindung zur Oberwelt, tief
in den Kalkstein gefressen Löcher und sie alle sind durch das
unterirdische Flusssystem miteinander verbunden. Manche der Cenoten
sind gerade einmal einen Meter tief, einige dagegen über 150
Meter, die Erforschung dieses Systems hat gerade erst begonnen.
Die
ganze Halbinsel Yucatán ruht auf einer dicken Kalksteinschicht.
Die aktuelle Theorie zur Entsehung des Flusssystems geht davon aus,
dass über Millionen von Jahren Wasser in diese Schicht drang.
Da es durch den darunter gelegenen Fels nicht ablaufen konnte, spülte
es Kanäle aus, aus denen bildete sich nach und das einzigartige
System von Tunneln und Höhlen. Heute ist ein weit verzweigtes
unterirdisches Flusssystem, das sich in die Karibik ergießt.
Die sieben, vielleicht sogar achttausend Cenoten sind entsprechend
Einstürze, Stellen, an denen die Decken diverser Höhlen
irgendwann nachgaben.
Bemerkenswert
und bei Tauchern sehr beliebt sind diese Unterwasserflüsse
bei Tauchern gleich aus mehreren Gründen, einer ist jedoch,
dass das Wasser ungewöhnlich klar ist. Viele vergleichen es
mit dem Schweben durch den offenen Weltraum; ein unendliches, schwarzes
Nichts. Das Wasser wurde beim Eindringen durch den Kalkstein regelrecht
gefiltert, daher ist es so ungewöhnlich klar.
Für
die Maya waren diese Cenoten allerdings nicht nur Wasserlöcher.
In den unergründlichen Tiefen dieser Höhlen wähnten
sie wie gesagt den chronisch schlecht gelaunten Chaak; den Gott
des Regens und des Donners.
Er
ist oft mit reptilen Merkmalen versehen in der bildlichen Darstellung,
ein furchterregendes Krokodil oder auch mit mächtigen Hauern.
Gelegentlich trägt er auf Bildern einen Rüssel, was zumindest
als ungewöhnlich gelten muss, eindeutig zu erkennen ist er
jedoch an sein Markenzeichen die Axt. Mit ihr erzeugt er den Donner.
Der Regengott war durch seine Funktion als Regenbringer überlebenswichtig
für die Menschen und entsprechend hoch verehrt und gefürchtet.
In
der Legende war am Ende der Trockenzeit er es, der Yum Kax
den Maisgott befreite. Ohne Mais kein Leben, er war das Grundnahrungsmittel
der Maya und von einer guten Ernte hing das Überleben des ganzen
Volkes ab. Wenn Chaak knurrig war - und das war er meistens - stand
das Land am Abgrund. Der einzige Weg ihn zu besänftigte war
Blut und wen er ganz besonders übel gelaunt war, musste es
das Blut von Menschen sein.
Der
Beweis findet sich gleich vor Ort in Chichen Itza.
Auf dem Grund des Heiligen Brunnens fand man die Gebeine von mindestens
42 Menschen; Männer, Frauen, sogar Kinder, die in dem Brunnen
versenkt wurden, um den Regengott gnädig zu stimmen.
Die Tempelstadt
Chichén
Itzá hat einen Durchmesser von gut zwei Kilometern und war
ein rituelles und administratives Zentrum. Sie wurde ausschließlich
von Priestern und Würdenträgern bewohnt. Das gemeine Volk
wohnte in ärmlichen Stroh- und Lehmhütten, die um den
eigentlichen Ort herum angesiedelt waren.
Wie
bereits erwähnt wurde die Stadt wohl im sechsten Jahrhundert
gegründet, man geht davon aus, dass verantwortlich dafür
die Leute waren, die schon seit der vorklassischen Periode (1500
vor Christus bis 300 nach Christus) hier im Herzen von Yucatán
lebten. Architektonisch unterscheidet sich Chichen Itza
jedenfalls von den Zentren weiter südlich. Einigermaßen
sicher wissen wir jedenfalls, dass es um 600 schon ein bedeutendes
Zentrum war.
Aus
dieser Zeit stammen Chichanchob (das rote Haus), Iglesia (die Kirche)
und das sogenannte Nonnenkloster. Natürlich hat es eigentlich
nichts damit zu tun, doch die Spanier scheinen es an eins zu erinnern.
Ursprünglich wohnten hie wohl die zur Opferung vorgesehenen
Jungfrauen.
Die
Maya bleiben nur etwa 200 Jahre, dann wurde die Stadt aus unbekannten
Gründen aufgegeben, allerdings wurde sie später neu besiedelt
und es war die zweite Phase, die heute als die große Blütezeit
der Stadt gilt.
Einwandernde
toltekischen Stämme reanimierten die alte Hauptstadt der Maya
und errichteten ein zweites Tula. Die Einwanderer vermischten sich
mit den Chichimeken und der Ort prosperierte. Nach der Vertreibung
von Quetzalcoatl spalteten sich die Tolteken in zwei große
Gruppen. Eine Gruppe zog nach Norden, eine zweite Gruppe eroberte
die verbliebenen Maya Zentren. Quetzalcoatl wurde später übrigens
zum Gott erhoben.
Die
große Zeit der Maya hatte sich um Zeitpunkt diesen Geschehens
natürlich längst dem Ende entgegen geneigt. Die Zeit der
rivalisierenden Zentren war vorbei, die Dauerfehden beendet und
die blutrünstigen Schlachten im Dschungel geschlagen. Die alten
Zentren wurden aufgegeben, neue gegründet, zum Beispiel Tulum.
Für
Chichén Itzá lief es unter den neuen Herren relativ
gut. Erst unter ihrem Einfluss wurden die heutigen Markenzeichen
der Stadt erbaut. Dazu gehört Castillo (die große Pyramide)
ebenso, wie Juego de Pelota (der Ballspielplatz), Templos de los
guerreros (Der Kriegertempel), das Grab des Hohen Priesters und
selbst die Kolonnaden.
All
diese Bauwerke dürften in die postklassische Periode fallen,
grob gesprochen zwischen 900 und 1200 nach Christus. Danach ging
es wieder einmal bergab. Die Chroniken berichten wurde Aufständen,
Bürgerkrieg gar. Auch wenn es nie ganz aufgegeben wurde, die
alte Hauptstadt verlor zusehends an Bedeutung. Einzig die große
heilige Cenoten blieb Ziel zahlloser Pilger. Das endgültige
Ende Chichen Itzas kam mit dem Eintreffen der Spanier
im 15. Jahrhundert. 1531 eroberte der spanische Conquistador Francisco
de Montejo die Stadt. Er wollte es zur Hauptstadt von Yucatán
machen. Schon nach ein paar Monaten wurde er von den Einheimischen
zum Teufel gejagt. Es folgten jahrelange Kampagnen, die sich allerdings
über ganz Yucatán erstreckten.
Mittelfristig
setzten sich bekanntlich die Spanier durch, ganz verschwanden die
Maya allerdings nie.
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