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Sündiges Treiben auf hoher See
Der Alltag eines Piraten war hart und langweilig. Immer nur Rauben, Plündern und Morden, keine Frauen an Bord, denen man von seinen Heldentaten erzählen kann, es muss ein frustrierendes Leben gewesen sein. Was liegt da näher, als sich gegenseitig in den Arm zu nehmen? Beispiele aus der Geschichte gibt es ja genug.
Denken wir nur an die "Heilige Schar" aus Theben, eine Eliteeinheit und exklusiver Männerklub, dem man schon in der Antike nachsagte, dass die Mitglieder nicht nur auf dem Schlachtfeld eng beieinander standen. Erinnern wir uns dann noch an den trefflichen Auftritt von Johnny Depp, bei dem man zumindest in der englischen Originalfassung von "Piraten der Karibik" ständig überlegte, ob sein Kapitän Jack Sparrow, nun ständig stoned oder vielleicht doch schwul war. Da kommt zusammen, was zusammen gehört.
Das neueste Buch des Maritim-Experten Klaus Hympendahl hat es in sich. Nach jahrelanger Recherche kommt er zu dem Schluss, dass von "harter Männlichkeit" auf hoher See wohl keine Rede sein kann und wenn, dann in einem eher übertragenen Sinn. Lust wurde ausgelebt und wenn schon keine Frauen an Bord waren, dann halt miteinander. Dabei macht Hympendahl auch vor großen Namen nicht halt.
Aufschlussreiche Quellen
Henry Morgan gilt als einer der notorischsten Piraten aller Zeiten. Wie viele seiner Berufskollegen raubte und plünderte er mit Billigung des englischen Gouverneurs. Zeitweise vereinigte er eine ganze Flotte von Freibeutern unter seinem Kommando, ernannte sich zum Generalissimo der vereinigten Freibeuter von Amerika.
In einer zweiten Karriere nach 1674 wurde er schließlich zum Vize-Gouverneur von Jamaika und kämpfte gegen seine einstigen Piratenfreunde. Obwohl Morgan wahrscheinlich verheiratet war, soll er laut Hympendahl mit Frauen nicht viel am Hut gehabt haben. Wie die meisten seiner seefahrenden Kumpane bevorzugte er die Gesellschaft von Männern.
Mit dieser Neigung scheint er bei weitem nicht allein gewesen zu sein. Der Autor zitiert in seiner Studie zum Beispiel Prozessakten, um seine These zu beweisen. "In der Nacht lag ich im Halbschlaf, als neben meinem Knie jemand schnaufte und stieß. Ich hob meine linke Hand hoch und bekam seine 'Murmeln' zu fassen; der andere Teil steckt im Körper des Jungen ..."
Besonders aufgeregt scheint sich der namenlose Zeuge darüber nicht zu haben. Eine Privatsphäre gab es auf den Schiffen nicht. Die Mannschaft residierte in Unterdecks, in denen es vermutlich bestialisch stank. Es hat ganz den Anschein, als seien Masturbation und auch Analsex nichts ungewöhnliches gewesen in diesen Quartieren. Gelegentlich muss man sich halt Erleichterung schaffen und den nächsten Hafen sah Mann manchmal Wochen nicht.
Hympendahl will sogar herausgefunden haben, dass Schafe und Ziegen nicht immer nur als Proviant mitgeführt wurden. Das Gerücht, dass Schafe als Lustobjekt durchaus taugen, hält sich zumindest in Gegenden wie Irland und Schottland einigermaßen hartnäckig. Eine gewisse Affinität, die weit über Schafe als Lieferanten von wärmender Wolle hinausgeht, ist in diesen gegenden auch wirklich nicht zu leugnen.
Frauen auf See
Dass Frauen an Bord nichts wie Unglück bringt, mögen im Lichte der neuen Erkenntnisse betrachtet, viele Seeleute sogar geglaubt haben. Dabei waren sie durchaus nicht so selten, wie man uns manchmal weismachen machen will. Und auch darüber belehrt Hympendahl.
Für Kapitänsfrauen zum Beispiel war es anscheinend nichts ungewöhnliches, ihre Gemahl auf weiten Reisen zu begleiten. Und auch sonst waren Frauen an Bord nicht so selten. Ein eher extremes Beispiel waren sicher Anne Bonny und Mary Read. Anne, eine offenbar exzellente aber unbarmherzige Fechterin, hatte Mary an Bord ihres Schiffes entdeckt. Sie hatte sich als Matrose verkleidet. Statt sie über Bord zu werfen, machten die Beiden fortan als Pärchen die Karibik unsicher.
Nach ihrer Gefangennahme sollen sie sich vor dem Galgen gerettet haben, indem sie vorgaben, schwanger zu sein. Werdende Mütter knüpfte man nicht auf. Man muss halt nur wissen wie. Während Mary Read bald darauf am Fieber starb, kam Anne Bonny mit der Geschichte durch. Sie erhielt schließlich sogar Pardon, wurde aus dem Gefängnis gelassen und verschwand von der Bildfläche.
Einen drauf setzen wie üblich die Chinesen. Von der Piratin Cheng I Sao sagen sie, dass sie eine Flotte von über 400 Schiffen befehligt haben soll. Um 1800 machte sie mit ihren Dschunken die Chinesische See unsicher. Als Höhepunkt ihrer Karriere handelte sie von eingeschüchterten Gouverneur, eine Generalamnestie für alle ihre 50.000 Piraten aus. Außer den Leuten ist in China halt immer alles etwas größer.
In jedem Hafen eine Braut
Die Mär von den Seemännern, die in jedem Hafen eine Braut hatten, scheint so auch nicht zu stimmen. Wenn sie Landgang hatten, suchten die Matrosen eines der zahllosen Bordelle auf. Das englische Portsmouth zählte im 18. Jahrhundert an die 20.000 Prostituierte, London soll 2825 Bordelle mit insgesamt rund 8000 Angestellten gehabt haben.
Uns viel geläufiger ist sicher die Reeperbahn, die der große Hans Albers so romantisch verklärt besang. Bordelle wurden 1871 verboten, in Windeseile übernahmen Zuhälter das Geschäft. Um 1900 gab es derer schon 700.
Interessant ist, dass sich viele Prostituierte mit Seeleuten verlobten. Sie erhielten dann einen Teil der Heuer. Auf vier bis sechs Verlobte soll es eine tüchtige und gut organisierte Prostituierte gebracht haben. Kehrte der Gatte in spe nach langer Reise zurück wurde die Verlobung unter einem Vorwand wieder aufgelöst.
Ob nun alle Piraten schwul waren oder einfach nicht sehr wählerisch bei der Wahl des Sexualpartners, muss am Ende wohl dahin gestellt sein lassen. Darf man Hollywood glauben in der Beziehung, hatten sie auf jeden Fall ein Faible für bunter Kleidung und Schmuck aller Art. Ob das schon ein Hinweis ist? "Sünde auf See – Die erotische Geschichte der Christlichen Seefahrt" ist alles in allem ein interessantes Buch und lange nicht so reißerisch, wie der Titel zunächst vermuten ließe.
Ein Jugendtraum wird wahr – Johnny Depp verkörpert einen bösen Piratenkapitän. (© 2003 Disney Enterprises, Inc. and Jerry Bruckheimer, Inc. All rights reserved)
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