Störe meine Kreise nicht

Die Antike brachte manchen großen Geist hervor. Einer der bekanntesten Mathematiker und Erfinder war Archimdes von Syrakus.

Mit seinem Namen ist manche schmerzhafte Erinnerung an Mathematik- und Physikunterricht in der Schule verbunden. ''Gebt mir einen festen Punkt und ich werde die Erde aus den Angeln heben'' - die Hebelgesetze fand er, den Schwerpunkt, die Auftriebskraft, die Gesetze der schiefen Ebene. Ihm wird der Flaschenzug zugeschrieben. Nach ihm benannt sind die Archimedesschraube und das archimedische Axiom (d.h. zu zwei beliebigen reellen Zahlen gibt es eine natürlich Zahl n, sodas gilt: nxR1 > R2, oder in einer andren Schreibweise, daß sich durch Vervielfachung einer gegebenen Strecke jede beliebige noch so lange Strecke übertreffen lasse.). Er fand Näherungswerte zum Berechnen der Quadratwurzeln. Er konnte den Kreisumfang und den Flächeninhalts desselben berechnen. Er fand Methoden zur Bestimmung des Flächeninhalts krumliniger ebener Figuren. Ja, ihm verdanken wir die Anfänge der Integralrechnung. Er bestimmte Volumina von Kugel, Kegel, Rotationskörpern und anderer durch unregelmäßige Flächen begrenzte Figuren im Raum. Er erfand ein Zahlensystem, mit dem beliebig große Zahlen behandelt werden konnten. Die großen Zahlen, jenseits der 10000, sind im Griechenland vor Archimedes mit großer Vorsicht zu genießen.

Das archimedische Prinzip, sein vielleicht bekanntestes Theorem, bestimmt das spezifische Gewicht von Körpern, indem man diese in eine Flüssigkeit eintaucht. Der Legende nach soll er vom König aufgefordert worden sein, herauszufinden, ob die neue Krone, wirklich aus purem Gold besteht, wie der Goldschmied behauptete oder ob er betrogen worden sei. Die Idee soll ihm im Bade gekommen sein. Plutarch überlieferte etliche kurzweilige Anekdoten aus dem Leben des Archimedes. Neben den nützlichen Dingen des Alltags wurde er berühmt für ausgeklügelte Kriegsmaschinen. Er kreierte u.a. Riesenkatapulte und die Urform der Strahlenwaffe: riesige Parabolspiegel, mittels derer feindliche Schiffe über große Distanzen in Brand gesetzt werden konnten.

Die Quellen berichten, dass die meisten mechanischen Erfindungen des Archimedes, geometrischen Denkübungen entsprangen. König Hieron soll ihn überzeugt haben, seine wissenschaftlichen Untersuchungen etwas zurückzusetzen zugunsten einiger praktischer Erfindungen. So konstruierte Archimedes die Kriegsmaschinen. Allerdings betrachtete er sie als Spielzeuge ohne Bedeutung, als Produkte geometrischer Spielereien und als Zugeständnis an die Wünsche des Königs.

Wie fasziniert er von der Geometrie war und wie entrückt von den banalen Dingen des Alltags, beschreibt wiederum Plutarch. Er berichtet, wie die Diener des Archimedes diesen gegen seinen Willen gelegentlich zum Bade schleiften. Während sie ihn badeten und salbten, hörte er nicht auf, geometrische Figuren zu malen. Sogar die Glut im Kamin diente ihm als Malgrund. Während sie ihn einölten, malte er mit dem Finger die Figuren auf die nackte Haut. Soweit war der Wirklichkeit entrückt, wenn ihn ein geometrisches Problem faszinierte.

Geboren wurde er ca 287 v.Chr. in Syrakus auf Sizilien. Sein Vater war vermutlich der Astronom Phidias. Es sind keine weiteren Einzelheiten über ihn überliefert. Auch den Namen verdanken wir nur einer Erwähnung in einer der Arbeiten des Meisters selbst. Die Archimedesbiographie des Herakleitos ist leider verloren gegangen. Wie groß dieser Verlust ist, können wir noch nicht einmal ahnen.

Man darf wohl davon ausgehen, dass er als junger Mann nach Ägypten ging, um Mathematik zu studieren. In Alexandria war die Euklidische Schule beheimatet. Er machte sich hier vertraut mit dem Stand der Forschung und freundete sich mit den dort arbeitenden Mathematikern an. Später sendete er seine Forschungsergebnisse nach Alexandria, stets verbunden mit einigen persönlichen Grüßen u.a. an Conon von Samos. Einige der weniger begabten Kollegen schienen einige seiner Theoreme für sich beansprucht zu haben. Nun hatte Archimedes zwar die Theoreme geschickt, die Beweise aber nicht. Plötzlich behauptete er nun, er hätte zwei unsinnige Theoreme mit den anderen verschickt. Er forderte nun die Kollegen, die seine Ideen für sich beanspruchten auf, die herauszufinden, die keinen Sinn machten und zu beweisen warum. Der Sinn der Mathematiker für Humor ist seit alters her legendär, nur das wir normal Sterblichen den Witz für gewöhnlich nicht ergründen können.

Neben den wenigen Informationen zu seiner Person, die wir den Vorworten seiner Werke entnehmen können, sind es neben anderen v.a. Plutarch und Livius, die einige Streiflichter aus dem Leben des großen Forschers kolportierten. Überliefert und bekannt ist v.a. das Ende des großen Erfinders. Trotz der Genialität seiner Kriegsmaschinen gelang es den Römer am Ende, Syrakus zu erobern. Es war die Zeit des 2. Punischen Krieges. Plutarch überliefert drei verschiedene Varianten, wie Archimedes zu Tode kam. Die bekannteste Version seines Todes sei hier erzählt: Die römischen Legionäre fanden Archimedes, wie er in seinem Garten saß und unbeeindruckt von Mord und Totschlag um ihn herum, geometrische Figuren in den Sand malte. Die Ankunft der Soldaten quittierte er mit den Worten: Zerstört mir meine Kreise nicht. Der Spruch ging in die Geschichte ein, den Römern war es egal. Sie töteten den greisen Mann. Es geschah dies im Jahre 221 v.Chr.

Archimedes war der letzte große griechische Mathematiker. Er bildet das Ende einer Reihe von Thales über Pythagoras, Platon, Aristoteles bis hin zu Euklid. Im Gegensatz zu diesem war Archimedes über die Grenzen seiner Heimat in der Antike kaum bekannt. Seine Lehren wurden in Alexandria studiert und bewahrt, doch erst ab etwa dem 6. Jahrhundert, wurde er einem breiteren Publikum bekannt. Seine Untersuchungen bildeten viel später die Basis für die Werke von Keppler, Newton und Leibnitz. Die Macht, die ihn tötete - Rom, beschränkte sich in den folgenden Jahrhunderten v.a. aufs kopieren, kommentieren und bewahren. Das ist auch eine wichtige Leistung, doch für die Entwicklung der Mathematik waren diese Jahrhunderte ein Zeitalter der Stagnation. Welch ein Verlust!

 

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