Der
Untergang der Inka
Es ist eines der großen Rätsel der Geschichte, geradezu
ein Faszinosum, wie es dem Abenteurer Francisco Pizarro und seinen
gerade einmal 160 Conquistadores gelingen konnte, das mächtige
Inkareich innerhalb kürzester Zeit völlig zu zerstören.
Das wäre fast so als wenn Liechtenstein Frankreich den Krieg
erklärt, gewinnt und der große Nachbar in der Folge völlig
von der Landkarte verschwindet. Die Sache ist ausgesprochen mysteriös.
Es gab natürlich mehrere Gründe für seinen "Erfolg",
wie es aussieht hat Pizarro im Großen und Ganzen vor allem
aber Glück gehabt. Er traf zu einem Zeitpunkt ein, als sich
das Land im Bürgerkrieg befand um die Nachfolge auf dem Thron.
Die Spanier stießen in ein Machtvakuum, das Land war zerrissen
und geschwächt vom einem furchtbaren Bürgerkrieg.
Als
Pizarro ankam, feierte Inka Atahuallpa gerade den fulminanten
Sieg über seinen innenpolitischen Widersacher. Das spanische
Aufgebot, 160 Conquistadores die nichts anderes waren als Abenteurer,
eine gewissenlose Bande von Räuber und Schatzsuchern, trafen
auf ein stehendes Heer von gut 40.000 Mann. Was macht man in so
einer Situation? Eigentlich natürlich weglaufen, wenn man Pizarro
heißt und verzweifelt ist, lässt man sich dagegen die
Beichte abnehmen und gibt den Befehl zum Angriff.
Mit Überraschungsmoment ist, was nun folgte, kaum zu erklären.
160 berittene Spanier attackierten einen auf
dem Papier immerhin 250fach überlegenen Gegner und fuhren einen
überragenden Sieg ein. Es ist fast schon grotesk. Laut Überlieferung
töteten und verwundeten sie fast 10.000 Soldaten des Inka und
- als wenn das noch nicht genug wäre - es gelang ihnen, den
Inka Atahuallpa gefangen zu nehmen. Damit lag ihnen das
Land praktisch zu Füßen. Die Geschichte ist unglaublich
und selbst wenn die Zahlen übertrieben sein sollten, am Ergebnis
ändert es nichts. Die Spanier hatten den Fuß in der Tür
und sie nutzten ihre Chance.
Nichts
konnte die Spanier mehr aufhalten. Mit Glück und Geschick stolperten
sie von einem Erfolg zum anderen. Sie schafften es innerhalb kürzester
Zeit, dass Großreich der Inka völlig zu zerstören.
Sie schreckten vor keinem Mittel zurück. Geradezu bezeichnend
für ihre Vorgehensweise war die Episode mit Túpac
Amaru. Die Spanier wussten genau, dass solange der Inka am
Leben war, der Widerstand weitergehen würde. Sie versuchten
alles, um seiner habhaft zu werden.
Da sie ihn aus eigener Kraft nicht fangen konnten, setzten sie auf
Bestechung. Um seinen Leuten den Verrat leichter zu machen, versprachen
sie, den Herrscher auf jeden Fall am Leben zu lassen. Immerhin war
er heilig, der Sohn von Inti, der Sonne also. Und es fruchtete.
Mit einer schon fast erschreckenden Naivität glaubte man den
Spaniern, Túpac Amaru wurde ausgeliefert. Natürlich
scherten die Spanier sich kein bißchen um ihr Versprechen.
Der König wurde spektakuklär und vor großer Kulisse
hingerichtet. Man wollte ein Zeichen setzen, die öffentliche
Hinrichtung war in der Hauptsache ein Statement. Der letzte Inka
war tot. Mit ihm starb der Widerstand, die Hoffnung und das ganze
Reich.
Die
Prophezeiung des Königs
Natürlich
ist man in Anbetracht einer solch unglaublichen Geschichte geneigt,
nach Erklärung zu suchen. Und tatsächlich gibt es Spekulationen,
die den unglaublich schnelle Aufstieg und jähen Fall der Inka
vor einem anderen Hintergrund betrachten.
Dr.
William Sullivan, wir wollen auf seine Person nicht weiter eingehen,
verbindet die Geschehnisse mit einem Ereignis am Sternenhimmel und
einer düsteren Prophezeiung. Das hört sich zunächst
schräg an, ist aber eine ganz interessante Geschichte ist.
Ich möchte sie daher kurz ausführen.
Als Pizarro in Peru ankam, war das mächtige Reich der Inka
gerade einmal ein Jahrhundert alt. In Anbetracht der Errungen- und
Hinterlassenschaften der Inka fällt das schwer zu glauben,
trotzdem ist es so.
Der
blitzartige Aufstieg der Inka, soll mit besagter Prophezeiung zusammen
hängen, die der Vater des ersten Inka seinem Sohn mit auf den
Weg gab. Diese düstere Vision besagte, dass nach fünf
Generationen das Andenreich - die Inka gab es da wie gesagt noch
nicht, zerstört werden würde. Die Inthronisierung des
ersten Inka war demnach die Antwort auf ein sich abzeichnendes astronomisches
Ereignis. Wir müssen dazu etwas weiter ausholen.
In
der Mythologie der Inka gab es - wie bei vielen anderen Kulturen
auch - eine große Flut. Sie zerstörte die ganze Welt
mit Ausnahme eines Bauern und seiner Familie, die überlebten,
weil sie den höchsten Berg bestiegen. Diese Apokalypse datierten
die Priester in das siebente Jahrhundert.
Historisch
betrachtet war es tatsächlich so, dass die sogenannten Wari
im frühen siebenten Jahrhundert plötzlich die Macht in
weiten Teilen der Anden übernahmen. Sie kamen scheinbar aus
dem Nichts.
Besagter
Dr. Sullivan suchte nun nach einem Ereignis am Sternenhimmel, etwas
Besonderem, dass ebenfalls in diese Zeit fällt. Er wurde fündig.
Tatsächlich war es so, dass erstmals in 800 Jahren man beim
Sonnenaufgang am Tag der Sommersonnenwende, die Milchstraße
nicht mehr am Himmel sehen konnte. Das hört sich nicht besonders
spektakulär an, für die Priester bedeutete es nicht weniger,
als dass die Tür zum Land der Götter geschlossen worden
war - eine Katastrophe.
Im
Jahre 1432 fanden die Astronomen der Tawantinsuyo heraus,
dass in absehbarer Zukunft ein ähnliches Ereignis stattfinden
würde, nur schlimmer. Tawantinsuyo ist der eigentliche Name
der Kultur, das Wort Inka beschreibt eigentlich nur den Herrschertitel.
Die Astronomen berechneten, dass in weniger als einem Jahrhundert,
das Sternbild, welches in der Kosmologie der Tawantinsuyo das Reich
der Toten symbolisierte, herauswandern würde aus der Milchstraße.
Die
Milchstraße war die Brücke zum Reich der Toten und wenn
die Verbindung erst mal unterbrochen war, bedeutete dies, dass Tor
zum Reich der Toten zuschlagen würde. Offenbar beruhte die
düstere Prophezeiung genau dieser Prognose der Astronomen.
Der
rituelle Austausch mit den Vorfahren, die Verbindung zum Land der
Toten war essentiell für die Religion der Anden, dass das Tor
zum Reich der Toten zugeschlagen werden würde, war nicht hinnehmbar.
Es ist also vorstellbar, dass die "Erfindung" des Inka,
das Einsetzen eines Sohnes der Sonne ausschließlich dazu diente,
zu verhindern, dass dieses Ereignis stattfindet.
Deswegen
die verzweifelte Anstrengung, deswegen die Hast. Schließlich
hatte man nur fünf Generationen, um die Götter gnädig
zu stimmen, das Ereignis zu verhindern. Die Stämme wurden geeint,
jedes Jahr wurden Menschenopfer gebracht mit der Bitte an das Totenreich,
doch zu verhindern, dass die Erdachse kippt. (Tatsächlich steckt
die Taumelbewegung der Erdachse hinter dem Ereignis.)
Was die Sache nun wirklich interessant macht ist, dass die Spanier
just in dem Moment auftauchten, als die Prophezeiung sich erfüllen
sollte. Es kann durchaus also sein, dass sie Priestern und Inka
als gottgesandte Strafe für Ihren Versuch erschienen, den Gang
der Ereignisse zu manipulieren. In Anbetracht der unglaublichen
Dynamik der Kultur und dem plötzlichen Fatalismus, mit dem
man sich in den Abgrund stürzen ließ, könnte sogar
etwas dran sein an dieser Theorie. Dass Dr. Sullivan in der Wissenschaftlergemeinde
wenig Anhänger hat, bedarf keiner Erwähnung.
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